17.05.2017

70 Jahre Münchner Merkur

Der Münchner Merkur steht wie keine andere Zeitung für Bayern und Heimatliebe. Zum 70. Geburtstag ist es Zeit, zurückzublicken: Wie fing eigentlich alles an?

Informationen waren kostbar, und Papier sowieso. Deswegen bildeten sich im Winter 1947 bei Eiseskälte lange Schlangen, wenn der Münchner Merkur, der damals noch Münchner Mittag hieß, erschien. Längst nicht alle, die eine Zeitung wollten, bekamen auch ein vier Seiten dickes Exemplar. Die Militärregierung hatte Umfang und Auflage streng limitiert.

70 Jahre ist das jetzt her. Nachfragen, berichten, kritisieren – heute ist das für Medien selbstverständlich, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war das etwas Besonderes. Der Münchner Mittag war die zweite Tageszeitung im München der Nachkriegszeit, die von der amerikanischen Militärregierung eine Lizenz erhielt. Die Süddeutsche Zeitung erschien immer dienstags, donnerstags und samstags, der Münchner Mittag kam jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag heraus.

So wie die SZ das Erbe der Münchner Neuesten Nachrichten antrat, war der Merkur gewissermaßen auch ein Nachfolgeblatt einer eingestellten Zeitung im Zweiten Weltkrieg: der Münchner Zeitung. Die war am 31. März 1943 von den Nationalsozialisten beendet worden – sie empfanden das bürgerliche Blatt als überflüssig. Noch heute erinnert das Titelblatt des Merkur in jeder Ausgabe an seinen Vorgänger: Im Zeitungskopf steht noch immer die Münchner Zeitung.

In der Stadt engagierte sich das Blatt nach den enormen Kriegsschäden für den Wiederaufbau in München und im Umland. Im Oktober 1949 gab es beispielsweise einen Appell zur Trümmerräumung. Zudem stellte die Zeitung Bayern und Heimatliebe in den Vordergrund, ließ aber erkennen, dass ihr Deutschland als Ganzes wichtig war. Die Presse-Konkurrenz in der Stadt war schon zu den Anfängen des Münchner Mittag groß. Der Verlag entschloss sich deshalb früh, in die Region um München vorzustoßen. Ein historischer Entschluss: Heute ist der Merkur durch seine lokale Verwurzelung wie nie zuvor geprägt, die Landkreisausgaben sind eng mit dem Merkur verwoben. In den Anfängen, als die Zeitung noch mittags erschien, war das aber eine große Herausforderung: Denn mit den damaligen Vertriebs- und Verkehrsverhältnissen war eine Auslieferung am gleichen Tag der Produktion außerhalb Münchens kaum möglich. Deshalb wandelte man am 1. Januar 1948 das Blatt in ein Morgenblatt um – und gab ihm den Namen Münchner Merkur. Seit 19. September 1949 erscheint die Tageszeitung sechs Mal die Woche.


https://www.youtube.com/watch?v=4G6jB-w9Y_Q
Arabella-Interview mit Verleger Dr. Dirk Ippen: 70 Jahre Münchner Merkur.


Schon im Sommer 1948 existierten Lokalredaktionen in Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Wolfratshausen und Starnberg. Immer zwei Seiten des Blatts waren dem jeweiligen Lokalbereich gewidmet. Bis 1950 gab es Verträge mit zehn Eigentümern ehemaliger Heimatzeitungen. Später kamen weitere Lokalausgaben hinzu, heute zählt der Merkur 23 Ausgaben. Das Besondere: Alle Heimatzeitungen behielten ihre Titel, der Münchner Merkur heißt in Wolfratshausen Isar-Loisachbote und in Schongau Schongauer Nachrichten. Die meisten Heimatredaktionen hatten zum Zeitpunkt der Übernahme schon viele Jahre den Lokaljournalismus vor Ort mitgestaltet. Der Merkur ist in seiner Gesamtheit daher nicht erst 70 Jahre alt, sondern noch viel, viel älter.

Ab dem Jahr 1981, also vor 36 Jahren, interessierte sich der heutige Verleger und Herausgeber Dr. Dirk Ippen für den Münchner Merkur. Ippen war Mitverleger einer Reihe von Zeitungen in Westfalen, Niedersachsen und Hessen. Im Februar 1982 verkaufte der frühere Verleger und Chefredakteur Dr. Felix Buttersack seine Merkur-Beteiligung an Ippen, Verleger Wolfgang Huck gab seine Anteile an Alfons Döser weiter, heutiger Mitherausgeber des Münchner Merkur und Verleger des Oberbayerischen Volksblatts, das Inhalte aus dem Mantelteil des Merkur übernimmt.

Nach der Übernahme führte Ippen eine neue Satztechnik ein, strukturierte die Produktion der Heimatzeitungen neu und betonte inhaltlich das lokale Element: Der Münchner Merkur wurde zu dem, was heute eine echte Heimatzeitung ausmacht. Mit den Themen, die die Menschen vor Ort bewegen. Dafür steht der Merkur: für Bayern. Und für Heimat. Die Strategie zahlte sich aus – die Auflage wuchs deutlich, besonders im Münchner Umland. 2007 wurde das Aussehen des Merkur zuletzt äußerlich komplett überarbeitet: größere Bilder, klar gegliederte Struktur. Seit Dezember 2010 leitet Daniel Schöningh, Neffe von Dr. Dirk Ippen, den Verlag als Geschäftsführer.

Die Verbundenheit zur Region ist immer noch stark, aber lange Schlangen in bitterer Kälte gibt es natürlich nicht mehr. Der Merkur kommt im Abo in den Briefkasten – oder als ePaper auf Computer und Handy.


Dieser Artikel stammt aus der Jubiläumsbeilage „70 Jahre Münchner Merkur“, die der Merkur-Gesamtausgabe vom 19. Mai 2017 beiliegt:

128 Seiten Heimat, 128 Extra-Seiten Merkur – das ist das Geburtstagsgeschenk für alle Leser zum 70-jährigen Jubiläum der Zeitung. Diese Sonderausgabe ist voll mit spannenden Geschichten – und Sie können sie wie einen Reiseführer nutzen: wie einen Oberbayern-Führer. Jede Heimatredaktion verrät die besten Ausflugstipps für ihre Region. Viel Spaß beim Lesen! Am Freitag in Ihrem Münchner Merkur!


von Sebastian Dorn, mit freundlichen Genehmigung der Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co.KG

Zur Übersicht

Auch interessant