Mitarbeiter des Technischen Hilfswerk (THW) saugen Wasser von der Strasse. Foto: Peter Kneffel
03.06.2016

Die Hochwasserkatastrophe - Meldungen des Tages im Überblick

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Siebtes Flutopfer: Mann stirbt in Klinik

15:18 Uhr dpa:
Simbach am Inn – Nach der Hochwasserkatastrophe in Niederbayern ist die Zahl der Toten auf sieben gestiegen. Ein Opfer sei im Krankenhaus gestorben, bestätigte ein Polizeisprecher am Freitag.

Herrmann: «Helfen statt gaffen»

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat Schaulustige im niederbayerischen Überschwemmungsgebiet zum Anpacken aufgerufen. «Sich an menschlichen Katastrophen ergötzen und dabei Menschen im Weg stehen, die anderen Menschen in der Not helfen wollen, ist alles andere als lustig. Das gehört sich einfach nicht. Es ist schlichtweg unverschämt», sagte Herrmann am Freitag. «Helfen statt gaffen – das ist das, was wir in Notsituationen brauchen.»

Die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort sei groß. Herrmann lobte auch die Arbeit der Helfer. Bisher waren mehr als 300 Polizeibeamte im Einsatz, zudem 3000 Helfer der Freiwilligen Feuerwehr, mehr als 750 von freiwilligen Hilfsorganisationen sowie 200 vom Technischen Hilfswerk. «Sie sind ein festes Standbein unserer Gesellschaft.»

Der Mais und das Hochwasser

Nach Ansicht von Umweltschützern spielt bei der Flutkatastrophe in Niederbayern auch die industrielle Landwirtschaft und der Verlust von Wiesen und Weiden eine Rolle. Besonders der Mais, der einen Anbauschwerpunkt in der vom Hochwasser betroffenen Region hat, steht in der Kritik. Früheres Grün- und Weideland als Rückhaltefläche für Wasser sei immer mehr in Acker vor allem für den Maisanbau umgewandelt worden, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Komme der Regen, werde die fruchtbare Ackerkrume einfach weggeschwemmt. «Der Boden wird abgeschwemmt. Das sind die braun-gelben Fluten, die man dann in den Bächen und Flüssen sieht.» Mit den Biogasanlagen steige der Druck auf die Fläche. Gerade Mais dient neben Futter als Energiepflanze. Zudem wird gerade als Folge des Maisanbaus der Boden verdichtet. Der Boden hat damit weniger Aufnahmekapazitäten für Niederschläge. «Wir müssen den Mais reduzieren und bodenverträglichere Pflanzen anbauen», sagte Weiger, der auch Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) ist.

Das Hochwasser zeige einmal mehr, dass das vordringliche Ziel der Klimaschutz sein müsse. «Hoffentlich merken es nun die Letzten, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden – und dass die Niederschläge immer unberechenbarer und größer werden.» Die Politik müsse erkennen, dass eine Begrenzung der Klimaerwärmung um 1,5 Grad bis 2015 «kein Luxusziel» sei, sondern «ein schlichtes Ziel, um das Überleben zu sichern».

Flutexperte rät zu trockener Gefahrenanalyse mit 3D-Modell

Mithilfe von 3D-Modellen und simuliertem Starkregen sind Flutkatastrophen wie in Niederbayern nach Ansicht des Hochwasserexperten Wolfgang Günthert möglicherweise zu verhindern. «Jede Kommune sollte dringend – solange es noch trocken ist – eine Gefahrenanalyse in ihrem Gebiet durchführen», sagte der Vorsitzende des Landesverbands der Deutschen Vereinigung Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) am Freitag in München. «Sogenannte urbane Sturzfluten, die ohne Vorwarnzeit innerhalb von wenigen Stunden passieren, können überall in Deutschland entstehen».

Bei der Analyse werden von Ingenieuren 3D-Modelle der Region erstellt und dann durchgespielt, welchen Weg sich das Wasser sucht, wenn Starkregen einsetzt. «So kann im Trockenen herausgefunden werden, wo das Wasser hinfließt, wo es Überstaus gibt und welche Häuser und Regionen im Ernstfall besonders gefährdet sind», sagte Günthert. Als Maßnahmen können dann an den betroffenen Stellen durchlässige Böden eingesetzt, Schwellen wie Dämme eingebaut und Rückhaltebecken installiert werden.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Flut-Experte eine Studie zu urbanen Sturzfluten veröffentlicht. Demnach sind inzwischen 50 Prozent aller Überflutungsschäden von Starkregen verursacht. Die Kosten für das Modellexperiment liegen bei rund 100 000 Euro. «Das ist aber nur ein Bruchteil dessen, was entsteht, wenn es wirklich zu einer Katastrophe kommt», sagte Günthert. «Ganz zu schweigen von den Todesopfern, die so vermutlich verhindert werden.»

Rund 300 000 Euro Sofortgeld an Flutopfer ausgezahlt

Das Landratsamt Rottal-Inn hat Opfern der Flutkatastrophe am Freitag binnen weniger Stunden Sofortgelder in Höhe von insgesamt 300 000 Euro ausgezahlt. Die meisten holten das Geld gleich früh morgens – allein 150 Menschen waren es in der ersten Stunde bis 08.00 Uhr. «Ich hoffe persönlich, dass diese erste Unterstützung den schwer getroffenen Menschen eine echte Hilfe ist, um die ersten Tage nach der Katastrophe abzufedern», betonte Landrat Michael Fahmüller. Jeder Haushalt bekommt seit Freitag 1500 Euro, um die nötigsten Dinge anzuschaffen. Die Auszahlung werde auch am Samstag weitergehen.

Seehofer wird Überschwemmungsgebiet besuchen

Nach den verheerenden Überschwemmungen in Niederbayern mit mindestens sechs Toten wird Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Samstag den Landkreis Rottal-Inn besuchen. Am frühen Nachmittag wird er sich im Rathaus von Simbach über die Lage informieren lassen und Gespräche mit Kommunalpolitikern und Helfern führen, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte. Anschließend besichtigt er in Simbach die von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiete. Die «Passauer Neue Presse» hatte als erstes über den Seehofer-Besuch berichtet.

Bayerischer Fußball-Verband hilft Hochwasseropfern

Mit 50 000 Euro will die Sozialstiftung des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) den Hochwasseropfern in Niederbayern helfen. Unterstützt werden sollen Vereine und BFV-Mitglieder, wie Stiftungsvorstand Jürgen Faltenbacher am Freitag in München mitteilte. Jeder habe die schrecklichen Bilder aus den überfluteten Orten vor Augen. Daher sei es selbstverständlich, dass schnell und unkompliziert geholfen werde. Betroffene Vereine und Mitglieder könnten bei dem Verband per Mail einen Zuschuss beantragen.

Taucher suchen weiter nach vermisstem Ehepaar

Nach der Flutkatastrophe in Niederbayern suchen Taucher weiter nach einem vermissten Ehepaar in Simbach. «Wir wissen momentan noch gar nichts», sagte Polizeisprecher Michael Emmer am Freitag. Der Keller des Wohnhauses stehe wie viele andere Keller noch unter Wasser. Der 81 Jahre alte Mann und seine 77-jährige Frau waren am Donnerstag als vermisst gemeldet worden. Es ist aber unklar, ob sie überhaupt zu Hause waren. Da viele Häuser einsturzgefährdet sind, wird erst die Statik geprüft, bevor Taucher oder Helfer hinein können. Zahlreiche besorgte Bürger meldeten sich bei der Polizei, weil sie Angehörige nicht erreichen konnten. In den meisten Fällen gab es aber inzwischen Entwarnung.

Betroffene von Flutkatastrophe holen Geld ab

Zahlreiche Flutopfer im Landkreis Rottal-Inn haben am Freitag im Landratsamt in Pfarrkirchen das sogenannte Sofortgeld von 1500 Euro abgeholt. Bereits eine Stunde nach Öffnung hätten 150 Menschen den Betrag in bar erhalten, mit dem die nötigsten Anschaffungen bezahlt werden sollen, sagte eine Mitarbeiterin. «Der Andrang ist enorm.» Mit Hochdruck arbeiten die Behörden unterdessen daran, die Trinkwasserversorgung wieder in Ordnung zu bringen.

Das Technische Hilfswerk errichtete am Freibad von Simbach eine Anlage zur Trinkwasseraufbereitung. Im Laufe des Freitags soll dann ein Inn-Damm in Erlach geöffnet werden, um das Wasser aus dem dortigen Polder ablaufen zu lassen. Danach könnten die Trinkwasserbrunnen von Simbach im Gebiet des Polders kontrolliert und die nötigen Maßnahmen eingeleitet werden. «Unser Ziel ist es, die Trink- und Brauchwasserversorgung im Gemeindegebiet Simbach so schnell wie möglich wieder in Funktion zu setzen», sagte Landrat Michael Fahmüller.

In der Nacht waren rund 75 Beamte von Landes- und Bundespolizei im Einsatz – vor allem um die Sicherheit in den Ortschaften zu gewährleisten und mögliche Plünderungen zu verhindern. Es habe aber keine Zwischenfälle gegeben.

Katastrophenfall im Landkreis Passau aufgehoben

Die Hochwasserlage im Landkreis Passau hat sich entspannt. Landrat Franz Meyer hob deshalb am Freitag den Katastrophenfall auf, wie das Landratsamt mitteilte. Damit werde auch die zentrale Koordinierung der Einsätze über die Einsatzzentrale im Landratsamt beendet. Die Aufräumarbeiten und weiteren Einsätze unterliegen nun der Verantwortung der Ortsfeuerwehren und Gemeinden. Auch im Landkreis Passau hatten am Mittwoch Überschwemmungen große Schäden verursacht. Allerdings war die Lage dort nicht ganz so schlimm wie im benachbarten Landkreis Rottal-Inn, wo durch das verheerende Hochwasser mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen waren.

Simbachs Bürgermeister: Wasserversorgung herstellen

8:59 Uhr dpa:
Eine gesicherte Wasserversorgung für die gesamte Bevölkerung hat aus Sicht des Simbacher Bürgermeisters Klaus Schmid (CSU) derzeit Vorrang bei den Aufräumarbeiten in der Hochwasserregion. «Noch ist die Wasserversorgung nicht komplett wiederhergestellt», sagte Schmid am Freitagmorgen. Viele Einwohner müssten sich an Sammelstellen abgezapftes Wasser aus Containern geben lassen. Auch verfügten noch nicht alle Haushalte wieder über Strom. Auch zwei Tage nach der Hochwasserkatastrophe sei er immer noch «total erschüttert», sagte der Bürgermeister.

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