CSU-Parteivorsitzender Horst Seehofer (vorne), mit Andreas Scheuer (CSU).Foto: Michael Kappeler
20.11.2017

Jamaika ist gescheitert: Wie geht es weiter?

Stimmen aus Bayern zum Scheitern der Sondierungsgespräche

Eine Einigung sei «zum Greifen nahe» gewesen, sagte Seehofer in der Nacht zu Montag in Berlin. Auch bei der Migrationspolitik wäre eine Einigung möglich gewesen. Er sei den ganzen Tag davon ausgegangen, dass es eine Einigung auf Koalitionsverhandlungen geben werde, sagte Seehofer. Das hätte es ermöglicht, eine Antwort auf das Wahlergebnis zu geben, nämlich die Polarisierung zu bekämpfen und «politisch-radikale Kräfte» zurückzudrängen.

Seehofer sagte mit Blick auf den Abbruch der Verhandlungen durch die FDP: «Das ist schade.»

Aus Sicht des früheren CSU-Vorsitzenden Erwin Huber ist das Ende der Sondierungsgespräche schwierig für das Land insgesamt, für die Wirtschaft und auch für die beiden Unionsparteien CDU und CSU. Die Folgen des Scheiterns seien «schlecht für Deutschland, das damit nicht mehr Stabilitätsanker in Europa ist», sagte Huber der Deutschen Presse-Agentur in München. Die Situation sei «schlecht für die Wirtschaft, weil Investoren verunsichert sind». Und das Jamaika-Aus sei «schwierig für die Unionsparteien, weil ihr Regierungsanspruch zunächst gescheitert ist», klagte Huber.

Huber kritisierte in dem Zusammenhang erneut die Wahlkampfführung der Unionsparteien nach dem Zerwürfnis wegen der Flüchtlingspolitik. «Die Einigkeit zwischen CDU und CSU hätte viel früher kommen müssen», argumentierte er und kündigte an: «Darüber wird zu reden sein.»

Vor allem CSU-Chef Horst Seehofer hatte den Streit über die Flüchtlingspolitik immer wieder neu befeuert. Erst Anfang des Jahres hatte er den demonstrativen Schulterschluss mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gesucht.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer bedauert das Scheitern der Jamaika-Sondierungsverhandlungen. Zur Entscheidung der FDP, den Verhandlungstisch mit Grünen, CSU und CDU zu verlassen sagte Scheuer am Montag im ZDF-«Morgenmagazin»: «Da habe ich Respekt davor, aber ich finde es nicht gut. Ich finde es schade.»

Zwar habe er Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend sehr entschlossen erlebt. «Aber trotzdem ist die traurige Nachricht an die Bürgerinnen und Bürger, dass die nächsten Wochen sehr, sehr schwierig werden – und vielleicht sogar keine Werbeveranstaltung für Parteipolitik.»

Zur Zukunft des angeschlagenen CSU-Chefs Horst Seehofer wollte sich Scheuer nicht äußern. Für eine Antwort auf die Frage nach einer möglichen Minderheitsregierung unter Führung der Union sei es noch zu früh, erklärte er.

Der Spitzenkandidat der FDP, Christian Lindner, hatte gegen Mitternacht bekannt gegeben, dass sich seine Partei aus den Sondierungsgesprächen zurückzieht und diese als gescheitert betrachtet. Die anderen Parteien, CDU, CSU und Bündnis90/Grüne bekundeten unisono, dass aus ihrer Sicht eine Einigung, wenn auch unter schwierigen Voraussetzungen, möglich gewesen wäre.

Welche Alternativen gibt es nun?

Bundeskanzlerin Merkel will sich noch heute mit Bundespräsident Steinmeier treffen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Dieser könnte das Prozedere für Neuwahlen in Gang setzen, hat sich aber schon im Vorfeld dazu ablehnend geäußert.

Was muss geschehen, damit es Neuwahlen gibt?

https://youtu.be/anKv6k8JUis
Quelle: tagesschau.de

Es wird erwartet, dass nun doch ein Zugehen auf die SPD erfolgt und der Bundespräsident auch dahingehend auf die Sozialdemokraten einwirken wird, die sich allerdings während der Sondierungen der anderen Parteien ein ums andere Mal als Oppositionspartei bekräftigt haben.

Eine weitere, vielleicht auch rein theoretische Möglichkeit, wäre eine schwarz-grüne Minderheitenregierung. Dazu äußert sich die CSU allerdings in Teilen ablehnend:

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hat nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen eine Minderheitsregierung mit den Grünen abgelehnt. «Eine Minderheitsregierung mit den Grünen wird es sicherlich nicht geben», sagte der CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag am Montagmorgen. Aus Neuwahlen würde die CSU seiner Meinung nach eher gestärkt herausgehen.

Seine Partei habe sich bemüht, diese Regierung zu bilden. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Die FDP habe sich hingegen schon relativ früh dafür entschlossen, diese Koalition nicht zu machen. «Ich glaube, dass die FDP aus ihrer Sicht konsequent gehandelt hat, aber aus Sicht des Staates ist das nicht gut», sagte der CSU-Politiker.

Wie geht es CSU-intern weiter?

Die CSU hat noch keinen konkreten Zeitplan für die nun notwendige Sitzung des Parteivorstands. Am Montag werde sich zunächst die Landesgruppe im Bundestag treffen, Parteichef Horst Seehofer werde aber noch am Montag nach München zurückreisen, sagte ein CSU-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München. Über den Termin für die Sitzung des Parteivorstands und möglicher weiterer Gremien wie der Landtagsfraktion werde Seehofer in einer Telefonschalte mit dem Präsidium beraten.

In der CSU hatte es bereits vor dem Abbruch der Verhandlungen durch die FDP die Erwartung gegeben, dass bald Sitzungen der Parteigremien mit Seehofer anberaumt würden. Dort soll nicht nur über die nun erforderlichen Schritte auf Bundesebene, sondern auch über die seit Wochen in Bayern laufende Debatte über die politische Zukunft Seehofers gesprochen werden.

Seit dem Debakel der CSU bei der Bundestagswahl ist in der Partei ein heftiger Streit über eine Neuaufstellung entbrannt. Ein Lager fordert offen Seehofers Rückzug zugunsten von Finanzminister Markus Söder. Seehofer hatte während der Sondierungen aber erklärt, darauf erst nach dem Ende der Beratungen in Berlin eingehen zu wollen.

Das sagt die Bayern SPD dazu:

Die Landesvorsitzende der Bayern SPD Natascha Kohnen:

„Nachdem CDU-Chefin Angela Merkel nicht in der Lage ist, eine neue Regierung zu bilden, sind Neuwahlen der klarste Weg für unser Land. Die sogenannte ’neue‘ FDP ist die alte FDP: Christian Lindner manövriert Deutschland in eine schwierige Situation, um sein eigenes Ego zu pflegen. Wir als SPD bleiben bei unserem Nein zur Neuauflage einer Großen Koalition.“

Der Generalsekretär der Bayern SPD Uli Grötsch, MdB fügt hinzu:

„Angela Merkel und Horst Seehofer haben gezeigt, dass sie es nicht mehr können. Beide müssen zurücktreten und so den Weg freimachen für eine stabile Bundesregierung. Wie diese aussieht, müssen Anfang 2018 die Wählerinnen und Wähler entscheiden.“

Zur Übersicht

Auch interessant