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02.09.2019

Kandidat bei "Wer wird Millionär?" – so ist es wirklich

Selbst einmal bei „Wer Wird Millionär?“ gewinnen – das wollte auch Arabella-Moderator Lutz Gerling. Hier erzählt er, aus seiner Perspektive, wie es ihm bei Günther Jauch ergangen ist.


Es liegt auf der Hand: Ich lasse Sie hier einfach mal eins zu eins meine Fragen nachspielen und gebe jeweils ein bisschen meinen Senf dazu…

Eins vorab: Die Sendung in der Woche nach Pfingsten 2018 war ein sog. „Zocker-Spezial“. Heißt, alle Gewinnstufen sind verdoppelt, dafür dürfen die Kandidaten während der ersten neun Fragen keinen Joker verwenden. Machen sie es doch, verfallen automatisch alle anderen.

Here we go – meine Fragen bei „Wer wird Millionär?“

100 Euro-Frage:

Wer einen Schicksalsschlag nach dem anderen zu verkraften hat, für den kommt’s …?

A – faustdick

B – knüppeldick

C – nudeldick

D – schweinchendick

Klar, faustdick hat man es hinter den Ohren, also Antwort B.


200 Euro-Frage:

Im typischen Fussballreporter-Jargon ist häufig die Rede davon, dass einem Spieler der Ball über den …?

A – Müden gleitet

B – Matten schlittert

C – Schlappen gerutscht

D – Lahmen streift

Als Stürmertank in meiner Jugend natürlich kein Problem, C – da spricht die Erfahrung.


300 Euro-Frage:

Bei der Anprobe des viel zu engen Oberteils musste sich die Frau nach einem Blick in den Spiegel eingestehen: „Das Shirt … !“?

A – wiegt ja Tonnen

B – krieg ich nicht hochgehoben

C – ist mir viel zu schwer

D – kann ich nicht tragen

Klar, D – musste sich auch jeder Mann schon eingestehen.


500 Euro-Frage:

Wer wissen möchte, wie ein Einwohner eines südasiatischen Staates den Tag verbrachte, fragt sich, was der …?

A – Zweifel los

B – Aufjeden fall

C – Selbst verständlich

D – Inder tat

Das ist in der Tat Inder tat – D


1.000 Euro-Frage, die Sicherung:

Schickt einen der Arzt nach einem Sturz zum Röntgen, muss man eventuell mit einem …?

A – Mal nehmen

B – Potenz erheben

C – Bruch rechnen

D – Wurzel ziehen

Da sagt auch einer der von Mathe keine Ahnung hat C.


2.000 Euro-Frage:

Wenn die Füllung aus dem Braten aufgegessen ist, dann ist …?

A – Schluss mit der Farce

B – die Posse vorbei

C – aber mal gut mit dem Theater

D – die Schmierenkomödie aus

Da komme ich zum ersten Mal ein bisschen ins Straucheln, weil ich Trottel im Gymnasium lieber Latein als Französisch gewählt habe. Aber, frei nach Marcus Tullius Cicero: „Dum spiro spero“. Bei A habe ich ein gutes Gefühl, dass Farce so etwas wie Füllung heißen könnte – passt.


4.000 Euro-Frage:

Auf wen trifft man im Sejm, im Folketing und in der Knesset am ehesten?

A – Politiker

B – Strafgefangene

C – Fußballer

D – Kardinäle

Da wiederum bin ich auf relativ sicherem Terrain. Sejm und Folketing kann ich in erster Sekunde nicht zuordnen, aber die Knesset ist bei mir als Parlament in Israel abgespeichert. Also – Politiker, läuft.


8.000 Euro-Frage

Aktuellen Zahlen zufolge zahlen Supermarktkunden hierzulande im Schnitt 2,92 Euro für einen Liter …?

A – Olivenöl

B – Sonnenmilch

C – Wein

D – Deodorant

Eine saublöde Frage… Klar, nach ein bisschen überlegen schmeiße ich B und D – Sonnenmilch und Deo in Litern abgemessen gibt’s ja nicht mal im Penny. Also, Wein oder Olivenöl…?! Ich kann mir schon denken, dass für Sie die richtige Antwort eventuell auf der Hand liegt, aber in der Drucksituation auf dem Stuhl gehen einem doch die wildesten Gedanken durch den Kopf. Deutschland als Land des billigen Fusels zum Beispiel, denke ich mir – früher, als wir in der Mittagspause mit 15 oder 16 ein bisschen Spaß haben wollten, haben wir uns Sangria im 1,5-Liter Tetra-Pak aus dem Supermarkt geholt. Ich weiß, Wein zu Sangria ist wie Ray Ban zu Ray Bom, meine Denke in dem Moment hinkt also etwas… Aber, 2,92 Euro für den Liter Wein im Schnitt scheinen mir sogar fast zu viel. Auf der anderen Seite kann ein gutes Olivenöl ja auch schon mal 30-40 Euro pro Liter kosten, nach oben offen, versteht sich. Eventuell sind hier die 2,92 Euro also zu wenig… Nach ein bisschen hin und entscheid ich mich für den Alkohol – check! Und wenn wir uns jetzt mal überlegen, dass der Liter Bier bei uns noch billiger ist, dann braucht sich keiner mehr über die Volksdroge Nummer eins wundern.


16.000 Euro-Frage:

Was können Profis und Heimwerker im Baumarkt erstehen?

A – Palastnägel

B – Burgnieten

C – Schlossschrauben

D – Kastelldübel

Mein Papa hat als passionierter Heimwerker bei der Ausstrahlung wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen! Aber, mein Talent und Interesse lässt sich am besten mit den zwei Worten „nicht“ und „vorhanden“ umschreiben. Was dagegen aber durchaus vorhanden ist, das ist sozusagen ein Sprachgefühl – und nach meinem Sprachgefühl hört sich die Schlossschraube einfach am melodischsten an. Die anderen Antworten machen beim Versuch, sie gedanklich in die reale Verwendung zu übertragen, auch irgendwie keinen Sinn. Kurzum – C genommen, C richtig. Fun Fact an dieser Stelle – ich habe in der Nachrecherche, beziehungsweise in der Aufarbeitung dieses Erlebnisses einen Artikel eines Schweizer Online-Magazins gefunden. Da konnten die Leser abstimmen, ob sie es denn auch geschafft hätten, die ersten neun Fragen ohne Joker richtig zu beantworten. 19 Prozent haben ja geklickt, 81 Prozent nein.


32.000 Euro-Frage – ab hier darf ich die Joker verwenden:

Was hat nach Meinung zahlreicher Wissenschaftler schon längst begonnen – und zwar zum sechsten Mal in der Erdgeschichte?

A – großes Massenaussterben

B – tropische Eiszeit

C – globale Sonnenfinsternis

D – Auflösung der Ozonschicht

Da freue ich mich, ich kann mit Logik ausschließen. Tropische Eiszeit – Schwachsinn, hatte ich noch nie was von gehört oder in den „Was ist Was“-Büchern von gelesen. Globale Sonnenfinsternis, gibt es das überhaupt, war auch hier die Frage… Eine Sonnenfinsternis wandert ja, denke ich mir. Außerdem passiert eine solche (totale) Sonnenfinsternis von Zeit zu Zeit, mit Sicherheit schon mehr als sechs Mal in der Geschichte der Erde. Und, sie dauert nur einige Minuten, also wäre die Formulierung „hat schon begonnen“ in der Frage falsch. Damit sind die die Gedanken bei D. Fällt auch raus, Ozonschicht haben wir nur eine, die werden wir über die nächsten Jahrzehnte schon kaputt kriegen, toi toi toi. Also, bleibt mir nur noch A – macht ja auch Sinn. Ich bin mir mit der Zahl sechs nicht zu 100 Prozent sicher, aber mit dem Artensterben durch Eiszeiten, die guten Dinos und die Insekten/Vögel aktuell könnten schon sechs zusammenkommen. Lange Rede, kurzer Sinn – passt!


64.000 Euro-Frage:

In welcher Stadt in Brandenburg werden Touristen-Führungen auf dem Witzerundweg angeboten?

A – Ullk

B – Juchs

C – Calau

D – Gaudie

Gut, da bin ich das erste Mal völlig ratlos… Klar, alle vier Wörter (Städte?!) sind ein Synonym für Spaß, oder Witz – aber das muss man halt einfach wissen, um es zu wissen. Wissen Sie, was ich meine? Also, Joker, hab ja noch alle vier, läuft. Welcher macht Sinn? Der 50:50 würde nicht viel weiterhelfen, weil ich nicht den Hauch einer Ahnung habe. Meinen Telefon-Jokern wollte ich die Frage auch nicht zumuten, und der Zusatzjoker, bei dem diejenigen im Publikum aufstehen dürfen, die die Antwort wissen (also den Freifahrtschein für eine Frage, weil einer weiß ja eigentlich immer die Antwort), wollte ich mir aufheben. Also, bleibt der Publikumsjoker. Ein gnädiges, weil sehr deutliches Ergebnis, 75 Prozent sagen C, Calau – da schließ ich mich an, herzlichen Dank, weiter geht’s! Mit dem neuen unnützen Wissen, wo der Begriff „Calauer“ seinen Ursprung hat…


125.000 Euro-Frage

Was ist auch in Deutschland verbreitet?

A – Pferdesalbei

B – Rindermelisse

C – Katzenwermut

D – Hundskamille

Joah… Gesundheit! Da hätte mich der Jauch auch gleich nach den Lottozahlen fragen können. Meine Fertigkeiten als Hobbybotaniker sind auf dem Niveau eines mittelmäßig begabten Erstklässlers. Ich bin stolz, dass ich meine Zimmerpalme Oscar seit drei Jahren durchbekomme, aber in meinen Händen ist noch jeder Basilikum-Strauch eingegangen.

Also, Joker! 50:50 bringt ohne eine kleine Ahnung wieder nichts, und den Zusatzjoker wollte ich da auch nicht verbraten. Heißt, ran ans Telefon, aber wer könnte mir da denn weiterhelfen…? Wolfgang D., ein alter Schulfreund, mittlerweile Richter. Der hat einerseits das juristische Fachgebiet, dazu ergänzt er mein Wissen in Politik und Sport ein bisschen. Und er ist der Mann, der ohne Probleme jede Staat-Hauptstadt-Kombination der Welt aufzählen kann, von A wie Abchasien bis Z wie Zypern. Dann hätten wir Dr. Lukas G. – ein Mann wie ein Seiltänzer auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Ich habe damals mit ihm gesportelt, und bei Auswärtsfahrten war es immer ein wunderbarer Zeitvertreib, herauszufinden, ob wir die Startaufstellungen von legendären Fußballspielen zusammenkriegen. Vom Champions League Finale 1999 über das WM Finale 1974 bis (ein kleiner sportlicher Exkurs) zur deutschen Start-Sieben beim Handball WM-Titel 2007. Neben Sportkompetenz hat dieser Mann noch einen Doktor in Physik und kann jede Figur aus jedem Marvel-Film aufzählen. Aber, ich habe weder einem Richter, noch einem Physiker diese Frage zugetraut. Bleibt noch meine Mama.

Ihre Kompetenz ist zum einen das Feld Kunst/Kultur, und schlicht und einfach das Lebenswissen, sie hat mit ihren 58 Jahren doch schon ein bisschen mehr gelesen und gesehen als ich. Passt, Mama wird das schon schaukeln, so wie bei meiner Steuererklärung. Sie geht zum Glück beim ersten Versuch ran, ich schmeiß ihr die Frage hin und warte … … … Sie ist keine Pflanzenexpertin, Gott bewahre, aber sie hat den Garten an unserem Elternhaus ganz gut im Griff, seitdem ich da mit den Jungs aus der Nachbarschaft nicht mehr jede einzelne Tulpe mit Fußball und Blutgrätschen zerlege, die ihr Köpfchen in Richtung Himmel streckt. Sie kann mir keine sichere Antwort sagen, meint aber, sie persönlich würde ein bisschen in Richtung Hundskamille tendieren – „ich hab das irgendwo schon mal gehört“, waren glaub ich die Worte. Gut, damit hatte ich wenigstens ein Gefühl, mit dem ich arbeiten konnte, auch wenn es nicht meines war. Komplett vertrauen wollte ich diesem Gefühl aber auch wieder nicht, da musste noch der 50:50-Joker drüber. Der hat sensationell eingeschlagen, die Hundskamille und der Pferdesalbei bleiben stehen. Ich will diese gottverdammten 125.000 Flocken, also vertraue ich der Mama und logge D ein. Ein Raunen geht durchs Publikum (hab ich mir zu mindestens eingebildet). Mein Puls ballert, natürlich war ich noch nie in einer solchen Situation, ich schmitze leicht, und hoffe, dass das Deo noch hält (auf dem Stick steht 48h-Schutz, also vertraue ich einfach mal und wiederstehe dem Drang, mir im Fernsehen unter die Achseln zu schnuppern). Und nach einem kurzen Moment der Spannung fällt alles ab – es ist tatsächlich die Hundskamille. Sakrament, Mama, du bist eine Maschine!


250.000 Euro-Frage:

Nach welchem Verb sucht man im aktuellen Rechtsschreibduden nach wie vor vergeblich?

A – liken

B – tindern

C – youtuben

D – facebooken

Damit ist die Stimmung bei mir von 100 auf -10 gefallen. Was. Für. Eine. Beschissene. Frage. Zu. Diesem. Beschissenen. Zeitpunkt. Ich unterstelle jetzt einfach mal: Ich war der letzte Kandidat, die Aufzeichnungs-Zeit für die zwei Stunden-Sendung war schon überschritten, das Spiel hat eine Stopp-Frage gebraucht. Bevor diese Frage gekommen ist, im kurzen Durchschnaufer zwischen 125.000 und 250.000 Euro, war mein Plan völlig safe. Lass die Frage kommen, du weißt sie eh nicht, schmeiß den Zusatzjoker drauf (einer weiß es ja immer) und geh mit einer viertel Million nach Hause. Es soll jetzt nicht zu viel des Eigenlobes sein, nicht, dass es hier noch anfängt zu stinken, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich gut gespielt. Aber dann kommt diese gottverdammte Duden-Frage.

Eine Frage, die auch bei der Million erst hätte kommen können, völlig egal, keiner kennt den Duden auswendig, solche Fragen sind schlicht und einfach nicht zu beantworten. Und in dieser Situation, der Zusatzjoker gepaart mit einer unmöglichen Frage, da hat sich bei mir unterbewusst wohl der Trotz ein bisschen durchgesetzt. Nein, ich habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, auszusteigen. Also, wir sind in der Welt der modernen Medien angekommen, ich versuche trotz aller Vorbehalte und allem Ärgers wieder mit Logik ranzugehen. Die Frage ist ja zuerst, wann der aktuelle Duden rausgekommen ist. Der Jauch meint, dass jedes Jahr ein neuer erscheint – ist ja gut zu wissen, weil damit auch die neueren Apps (Wörter) wie „tindern“ in Frage kommen. Mit diesem Hintergrund-Wissen schließe ich spontan A und B aus. „liken“ ist meiner Meinung nach schon so im deutschen Sprachgebrauch angekommen, das muss im Duden stehen. Bei „tindern“ ist es nach meinem Gefühl das gleiche. Bleiben noch C und D, „youtuben“ und „facebooken“.

Mein Gefühl sagt mir, dass D nicht im Duden steht – schlicht und einfach, weil es die logischste Antwort ist (hier der Verweis auf das Redaktions-Briefing vor der Sendung – die Antwort ist immer richtig). Bei der aktuellen durchaus fragwürdigen Masse an aktiven Youtubern sehe ich „youtuben“ als ein Verb, eine Tätigkeit, die wir mittlerweile fast mit normalen Jobs wie Schreiner oder Arzt auf eine Stufe stellen können. Wobei, gefühlt hat die Zahl der Youtuber die Zahl der Handwerker sowieso schon überholt… Das einzige Berufsfeld ohne Nachwuchsprobleme! Wenn sogar schon Youtuber die Kanzlerin interviewen dürfen, dann muss ihr schaffen, das „Youtuben“ auch im Duden stehen. Außerdem „facebookt“ man ja nicht aktiv. Wir sind auf Facebook, wir liken, teilen, kommentieren, haten, trollen, flamen, scrollen durch die Timeline, aber das Verb „facebooken“ ist mir noch nie untergekommen. Soweit meine Gedankengänge.

Die teile ich natürlich in der Sendung, und möchte mein Gefühl (auch wenn ich mir sicher bin, dass keiner aufsteht) mit dem Zusatzjoker absichern. Und es steht tatsächlich einer auf, wer hätte das gedacht. Ein junger Kerl aus der Schweiz, er ist mit Mama und Oma da, wie ich später erfahre. Er sagt, er wäre gerade dabei, bei Instagram einen Influencer-Account aufzubauen, und er könnte mich in meinem Denken nur unterstützen. „Facebooken“ tut man nicht, es hat also im Duden nichts verloren. Natürlich, meint er, kann er mir das nicht zu 100 Prozent versichern, aber er sieht die Sache genauso wie ich. Und ich betone noch einmal: Auch in dieser Situation habe ich zu keinem Zeitpunkt ans Aufhören gedacht. Also, mit ein paar Bauchschmerzen, aber insgesamt einem ganz guten Gefühl logge ich Antwort D ein.

Und das war’s dann…

Aber ich bin nach wie vor ein glücklicher Mensch, der nur die Anzahlung für ein Eigenheim aus dem Fenster geschmissen hat.


So äußerte sich Lutz Gerling kurz nach der Sendung:

https://www.facebook.com/werwirdmillionaer/videos/1889056961164354/


 

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