Gäste mit Regenschirmen gehen in München (Bayern) auf dem Oktoberfest in das Löwenbräuzelt. Foto: Felix Hörhager/Archiv
11.04.2019

Wirtstochter Spendler wird Wiesnwirtin im Löwenbräuzelt

Die Stadt sehe nach eingehender rechtlicher Prüfung keine Gründe, die 52-Jährige nicht zuzulassen, teilte der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) am Mittwochabend mit. Vater Hagn hatte nach einem Abrechnungsfehler Umsatzpacht an die Stadt nachzahlen müssen und den Schlussstrich gezogen. Die Entscheidung über die Vergabe war mit Spannung erwartet worden. Wiesnzelte sind begehrt. Es wurde heftig spekuliert, welche Wirte sich noch beworben haben könnten.

«Ich weiß, dass diese Personalie kontrovers diskutiert werden wird», sagte Baumgärtner. «Ich muss als Wiesnchef aber jenseits moralischer Überlegungen eine rechtssichere Entscheidung treffen und hoffe auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.» Die Brauerei hatte Spendler als Betreiberin vorgeschlagen. Wirte-Urgestein Hagn war noch während der Wiesn 2018 wegen zu wenig bezahlter Umsatzpacht ins Kreuzfeuer geraten. Er zahlte eigenen Angaben zufolge rund 100.000 Euro nach und bewarb sich nicht mehr.

Mehrere Wiesnwirte zahlten zu wenig Umsatzpacht

Allerdings war er keineswegs der einzige, der zu wenig Umsatzpacht zahlte. Wie die Stadt nun mitteilte, müssen mehrere Wirte für 2017 und 2018 nachzahlen. Manche haben aber auch zu viel bezahlt und bekommen Geld zurück, wie Nachprüfungen von Wirtschaftsprüfern ergaben. Die Nachforderungen bewegten sich zwischen 18 und 25.000 Euro, die Rückzahlungen liegen zwischen 117 und 23.400 Euro. Insgesamt werden der Stadt aus den beiden Jahren am Ende rund 96. 000 Euro zufließen.

«Ich bin wie eine Sau durchs Dorf getrieben worden – und die anderen haben es auch nicht richtig gemacht», sagte Hagn, der am Mittwochabend noch keine offizielle Mitteilung über die Benennung seiner Tochter hatte, auf Anfrage. Die Vorschriften seien in manchen Punkten nicht klar gewesen. Keiner der Wirte habe absichtlich Umsatzpacht unterschlagen. «Keiner von uns hat wissentlich die Stadt betrügen wollen.»

Die Stadt hatte die Umsatzpacht 2017 erstmals erhoben, um die erhöhten Kosten für die Sicherheit zu decken. Schon 2018 erhöhte sie die Abgabe, weil die Einnahmen im Vorjahr nicht gereicht hatten.

Baumgärtner bewertete die Ergebnisse der Prüfung insgesamt zuversichtlich. «Natürlich fallen bei einer solchen Prüfung Unregelmäßigkeiten auf. Das Ergebnis zeigt aber, dass auf die jetzt geprüften Betriebe keine größeren Nachforderungen mehr zukommen.»

Zuschüsse der Brauereien waren Grund

Nach den Analysen der Wirtschaftsprüfer kam es unter anderem wegen der Behandlung von Zuschüssen der Brauereien an die Wirte zu Abweichungen bei den Umsatzangaben. Für die strittigen Punkte will Baumgärtner für die Wiesn 2019 neue Regelungen finden. «Klar ist aber auch: Bereits unterschriebene Verträge können nicht nachträglich eigenmächtig neu interpretiert werden. An der Aufnahme von Sanktionen und Vertragsstrafen in die Pachtverträge führt daher für mich kein Weg vorbei.»

Zuletzt hatte vor einigen Jahren der Wirt des Hippodrom, Sepp Krätz, seinen Platz auf dem Oktoberfest räumen müssen. Er stand wegen Steuerhinterziehung vor Gericht – und hatte damit praktisch keine Chance mehr auf eine Zulassung zur Wiesn. 2014 bekam Siegfried Able den Zuschlag und baute das Marstall als neues Zelt an der Stelle des früheren Hippodrom auf.


dpa-infocom

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