18.03.2015

Milchpreis: Am 1. April fällt in der EU die Milchquote

Damit steigt die Angst, dass Erzeugerkosten, geschweige denn Gemeinwohlkosten wie Naturschutz, Artenerhalt, Kulturlandschaftspflege, nicht mehr gedeckt werden können. Die Traditionsmolkerei Berchtesgadener Land hat sich entschieden, ihren eigenen Weg zu gehen und in enger Zusammenarbeit mit Handel und Verbraucher einen fairen Milchauszahlungspreis von angestrebten 42 Cent für ihre Landwirte auch nach dem Quotenwegfall zu halten.

Der Molkerei-Geschäftsführer Bernhard Pointner spricht im Interview über die Risiken und Chancen des Quotenendes:


Bernhard Pointner, Geschäftsführer Molkerei Berchtesgadener Land

Wir stemmen uns gegen den Strukturwandel in der Landwirtschaft und setzen gleichzeitig ein Zeichen für Qualitätsmilch, die es nicht zum Discountpreis geben kann.

Milch ist eines der wichtigsten Kulturgüter in Bayern. Wie viel Arbeit in einem Liter Milch steckt, ist den Verbrauchern beim Griff ins Kühlregal nicht unbedingt bewusst. Was unterscheidet Ihre Bergbauernmilch eigentlich von anderer Milch? 

Pointner: Unsere Bergbauernmilch ist Qualitätsmilch. Sie wird frisch von Bauernhöfen der Berg- und Alpenregion zwischen Watzmann und Zugspitze erfasst und besonders schonend nur in der eigenen Molkerei Piding im Berchtesgadener Land verarbeitet. Alle Bauern füttern ausnahmslos ohne Gentechnik. Gras – frisch, getrocknet als Heu oder siliert – ist das Grundfutter, das die wichtigen Omega-3-Werte in der Milch sichert. Immer mehr Landwirte behandeln ihre Kühe mit homöopathischen Mitteln, um den Antibiotikum-Einsatz auf ein Minimum zu reduzieren und füttern natürliches Natursteinsalz aus Berchtesgaden. Neben der Fütterung der Kühe hat aber auch die Verarbeitung der Milch einen großen Einfluss auf ihre Qualität. Wir verarbeiten die Milch unserer 1.800 Landwirte frisch und mit einem besonders schonenden Erhitzungsverfahren. So bleiben der natürliche Milchgeschmack und die gesunden Inhaltsstoffe wie Vitamine in der Milch erhalten. Am Ende steht eine rundum natürlich erzeugte und geschmackvolle Milch auf dem Tisch.

Im April 2015 stellt der Wegfall der Milchquote die Milchbranche vor eine große Herausforderung. Gleichzeitig beeinträchtigt der rückläufige Export nach Russland und China den Milchmarkt seit Monaten. Sie wollen den Milchauszahlungspreis für Ihre Bauern in der Berg- und Alpenregion bewusst bei 42 Cent brutto* halten. Warum?

* Grundpreis für konventionelle Milch bei 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß inkl. 10,7 % Mehrwertsteuer

Pointner: Der Aufwand für die Erzeugung des Rohstoffes Milch für unsere Premiumprodukte Bergbauern-Milch und Bio-Alpenmilch ist im Verhältnis zu den Landwirten im Flachland unvergleichlich höher. Dieser Aufwand wird durch das erwartete Preistal nicht geringer. Die Bauern brauchen diesen Preis, um kostendeckend zu arbeiten und die besondere Qualität der Milch zu gewährleisten. Nur mit einem fairen Milchpreis für unsere Mitglieder können wir die kleinbäuerliche Milchviehwirtschaft und damit die Kulturlandschaft in der Berg- und Alpenregion erhalten. Wir stemmen uns also gegen den Strukturwandel in der Landwirtschaft und setzen gleichzeitig ein Zeichen für Qualitätsmilch, die es nicht zum Discountpreis geben kann.

Welche Auswirkungen hat dieser Schritt für Ihre Molkerei?

Pointner: Der deutsche Milchmarkt ist derzeit von Veränderungen geprägt: Fusionen, Übernahmen und Konkurse. Während es 1960 noch über 3000 Molkereien gab, sind 2014 weniger als 100 eigenständige Molkereien geblieben. Wir müssen uns vom Markt abkoppeln, um die Zukunftsfähigkeit unserer Molkereigenossenschaft zu sichern – ökonomisch, ökologisch sowie sozial. Dies gelingt nur mit einem fairen Milchpreis, der die Existenz der 1.800 Landwirte, die alle Genossenschaftsmitglieder sind, sichert und gleichzeitig die Eigenständigkeit der Molkerei bewahrt.

Dabei sind wir uns der finanziellen Herausforderung, die diese Strategie mit sich bringt, bewusst. Für 1 Cent Mehrpreis investieren wir ca. 2,5 Millionen Euro im Jahr. Für einen Landwirt mit durchschnittlich 25 Kühen bedeutet dies ca. 10.000 Euro mehr Einnahmen im Jahr. Und der finanzielle Aufwand beim Verbraucher ist bei durchschnittlich 50 bis 60 Litern Milchkonsum in Deutschland im Jahr übersichtlich.

Um diesen mutigen Schritt durchzusetzen, müssen Sie auch die Verbraucher mit ins Boot holen … 

Pointner: In der Gesellschaft findet glücklicherweise ein Umdenken statt. Herkunft, Bio und Fair sind die großen Trends. Immer mehr Verbraucher erkennen wieder die hohe Wertigkeit, die Lebensmittel für die Erhaltung der Gesundheit und der Umwelt haben. Hinzu kommt, dass die Marke Berchtesgadener Land bei den Verbrauchern ein sehr hohes Maß an Vertrauen genießt. Vertrauen in die besondere Qualität, in die Herkunft aus der Alpenregion zwischen Watzmann und Zugspitze und in eine faire Preispolitik gegenüber den Landwirten, den Eignern der Molkerei. Dies wurde im vergangenen Jahr durch eine umfassende Marktforschungsstudie bestätigt. So sind wir sicher, dass unsere Kunden im konventionellen Handel und im Naturkosthandel auch zukünftig bereit sind, einen etwas höheren Preis für die Berchtesgadener Land Markenprodukte zu bezahlen. Die Grundlage dafür ist, dass die Verbraucher wissen, was alles in unserer Milch steckt. Deshalb haben wir jetzt eine Transparenz-Offensive gestartet, die die Leistungen unserer Bauern den Verbrauchern aufzeigen soll.

Wie reagiert der Handel auf Ihre Strategie?

Pointner: Neben einer hohen Produktqualität legen Verbraucher zunehmend Wert auf gesicherte Herkunft und schonende Verarbeitung von Lebensmitteln. Dies können wir bei unseren Produkten garantieren. Der Handel kann sich also konkret bei seinen Kunden profilieren, indem er die Qualitätsmilch weiterhin zu einem wertschätzenden Preis verkauft.

Und letztendlich müssen alle an einem Strang ziehen – Landwirte, Handel und Verbraucher – damit wir auch in Zukunft Milchprodukte in höchster Qualität zu einem fairen Preis anbieten können.

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