Bild: Peter Kneffel
25.02.2020

Politischer Streit um Folgen des Coronavirus-Ausbruchs

Coronavirus: Während die Gesundheitsbehörden tagen, sich mit Experten auf Bundesebene austauschen und Empfehlungen herausgeben, kritisiert die Opposition mangelnde Informationspolitik. In der Debatte geht es auch um die Abschottung ganzer Städte wegen des Virus wie in Italien.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in München: «Bevor über die Abriegelung einer Stadt entschieden wird, sollte zunächst auf andere Lösungsmöglichkeiten gesetzt werden.» Der Schutz der Bevölkerung habe oberste Priorität. «Deshalb können auch einschneidende Maßnahmen vorgenommen werden, um eine Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen», sagte Huml. Wichtig sei, im konkreten Einzelfall zu entscheiden und mit Augenmaß vorzugehen.

Staatsregierung muss Bevölkerung umfassend aufklären

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, forderte am Dienstag mehr Informationen der Regierung über Gefahren, Gegenmaßnahmen und Verhaltensweisen bezüglich des Virus. «Der Ausbruch des Virus in Italien schafft eine neue Situation und hat auch für Bayern Auswirkungen», sagte sie. «Nicht zuletzt in der Faschingswoche fahren viele Bayern nach Norditalien und könnten sich dort anstecken.» Um Panik zu vermeiden, müsse die Staatsregierung die Bevölkerung umfassend aufklären, forderte Waldmann. «Die Leute müssen wissen, was auf sie zukommen kann und wie sie sich angesichts der potenziellen Bedrohung oder im Ansteckungsfall verhalten sollen.»

Dominik Spitzer, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Landtag, warf Huml Verantwortungslosigkeit vor: «Wer in der jetzigen Situation schon von der Abriegelung ganzer Städte als letzte Lösung spricht, der schürt unnötig Panik in der Bevölkerung.» Die Ministerin täte aus seiner Sicht stattdessen gut daran, der Bevölkerung die Angst zu nehmen und deutlich zu kommunizieren, wie man sich im Falle des Verdachts auf eine Infektion zu verhalten hat. «Hier herrscht nämlich viel gefährliches Halbwissen bei den Betroffenen.»

Italien ist aktuell mit Abstand das Land mit den meisten erfassten Fällen in Europa. In der besonders schwer betroffenen Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollieren Sicherheitskräfte, wer rein und raus darf. Trotzdem stieg die Zahl der Infektionsnachweise auf weit mehr als 200. Mehrere Infizierte starben – alle hatten demnach Vorerkrankungen.

Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar H. Wieler, sagte im «heute-journal» des ZDF: «Quarantäne von ganzen Ortschaften kann ich mir in Deutschland nicht vorstellen.» Die Menschen müssten dann mit Lebensmitteln und Wasser, aber auch mit ärztlicher Hilfe versorgt werden. Das sei in einem Quarantänegebiet sehr schwierig.

Deutschland bleibt aufmerksam

Viele Ärzte und Menschen hierzulande seien aufmerksam und würden sich wohl rechtzeitig auf das neuartige Virus testen lassen. Sobald ein Fall entdeckt werde, würden unter anderem Kontaktpersonen gesucht, erläuterte der RKI-Chef. «Das können die deutschen Behörden, das haben sie in Bayern sehr gut gezeigt.» Im Freistaat gab es 14 der 16 bisher in der Bundesrepublik positiv getesteten Covid-19-Patienten. Alle standen im Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto aus Gauting-Stockdorf. Dort war im Januar eine Kollegin aus China zu Besuch, die das Virus in sich trug. Der Ausbruch habe eingedämmt werden können, sagte Wieler weiter.

Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg, sagte der Zeitung «Der Neue Tag» (Dienstag) unterdessen über die Ansteckungsgefahr mit dem Virus Sars-CoV-2: «Im Skiurlaub auf der Piste an der frischen Luft ist sicher kein Infektionsrisiko vorhanden. Volle Orte für den Après-Ski würde ich meiden.» Auch das Risiko, einen Menschen zu treffen, der aus einem Risikogebiet kommt, sei sehr gering.

dpa-infocom

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