11.05.2012

Rosenheimer Prozess um umstrittenen Polizeieinsatz überraschend eingestellt

11.05.2012, 13:29 Uhr

Eine vierköpfige Familie, darunter ein pensionierter Polizist, war wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Sie aber hatte bei ihren Vernehmungen vor Gericht von einer regelrechten Gewaltorgie der Beamten bei einem Routineeinsatz im Herbst 2010 berichtet. Ein Polizist wollte davon aber bei seiner Vernehmung als Zeuge nichts gewusst haben. Der Prozess war zeitweise sehr emotional verlaufen.

Der Vorsitzende Ralf Burkhard führte prozessökonomische und finanzielle Gründe an, die ihn zur Einstellung des Verfahrens bewogen hätten. Er sprach von einem unverhältnismäßig hohem Aufwand. "Der Prozess hatte den Umfang eines Verfahrens vor einer Großen Strafkammer eines Landgerichtes", erläuterte er. Alle Beteiligten hätten Demut bewiesen. Der Einstellung war ein Rechtsgespräch des Vorsitzenden mit den Verfahrensbeteiligten vorausgegangen. Die Prozesskosten trägt der Staat. Die Angeklagten müssen allerdings ihre Anwälte selber zahlen.

Verteidiger Hartmut Wächtler nannte die Einstellung "einen Teilerfolg, keinen Triumph. Jeder hat ein bisschen nachgegeben." Die Strafanzeigen der Familie gegen die damals eingesetzten Polizisten wurden zurückgenommen, so dass auch ihnen keine juristischen Konsequenzen mehr drohen. "Wir haben kein Interesse an der Strafverfolgung der Beamten", sagte Wächtler.

Die Staatsanwälte wollten ihre Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nicht als Schuldeingeständnis der Polizisten verstanden wissen. "Die Beamten haben rechtmäßige Diensthandlungen vorgenommen", sagte Martin Forster nach dem Aus für den Prozess. Die Anklagepunkte gegen die Familie würden vielmehr aufrechterhalten. Die Aggressionen seien von den Familienmitglieden ausgegangen, sagte er.

Auslöser des Polizeieinsatzes war im Herbst 2010 die geplante Vorführung eines Mannes zu einer psychiatrischen Untersuchung gewesen. Doch der Gesuchte war bereits weggezogen. Also fragte die Streife andere Hausbewohner, darunter die Tochter des Ex-Polizisten. Es folgte ein Scharmützel um Personalausweis und Dienstausweise, bis die Situation eskalierte. Am Ende waren zehn Polizisten im Einsatz, drei Familienmitglieder lagen mit teils massiven Verletzungen tagelang im Krankenhaus. Auch ein Beamter wurde verletzt.

dpa-infocom / ak

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